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Kampanien – Pizza Napoletana, Piennolo und Mozzarella di Buffalo

Vom Golf von Neapel über den Pollino in Kalabrien nach Manduria in Apulien führte mich eine Reportage für das Kundenmagazin WeinLese des Schweizer Biowein-Händlers Delinat.  Mit dabei: Claudio Del Principe, Autor sinnlich-italienischer Kochbücher und freischaffender Texter. Von ihm sind die Texte. Grazie Claudio!

Für das Paradegericht Pizza Napoletana braucht es schlichte, aber erstklassige Zutaten: Nämlich beste Mozzarella di Bufala, Piennolo-Tomaten und die Kunst der handwerklichen Teigführung. Wir fahren nach Aversa in der Provinz Caserta (neben Battipaglia in der Provinz Salerno die Hochburg der Mozzarellaherstellung) zu einem handwerklichen Käsereibetrieb. Entlang der Autobahnausfahrt bietet sich ein groteskes Bild: Abfallberge türmen sich links und rechts der Leitplanken. Aversa ist eine für Kriminalität berüchtigte Gegend. Um den Fängen der Mafia zu entkommen, ziehen viele junge ohne Aussicht auf Arbeit weg. Eine beklemmende Realität, welcher sich Käser Luigi Costanzo und seine Geschwister mit ihrem Vorzeigbetrieb entgegenstemmen. Da ist er wieder, dieser widersprüchliche Kontrast. Dieser Schatten von Hoffnung versus Hoffnungslosigkeit. Dieser Mut zur bedingungslosen Qualität und die Verpflichtung der kulinarischen Tradition und des hochwertigen Handwerks. Eines gleich vorweg: Wenn man einmal ihre frische, noch lauwarme Mozzarella di Bufala gekostet hat, diese Mischung aus süsser Milch und Salzlake, mit einer einzigartigen saftigen Textur, macht sich Verzweiflung breit. Wozu soll man bitte je wieder Mozzarella bei uns im Supermarkt kaufen? Ganz zu schweigen von der extrem feincremigen Ricotta und anderen Produkten wie dem würzigen Provolone oder die geräucherte Scamorza. Die Milch, die sie verarbeiten, stammt von den eigenen Büffeln, die ausschliesslich mit Gras und Heu von den eigenen Weiden gefüttert werden. Ähnlich wie ein Bäcker, der einen eigenen Sauerteig verwendet, verwenden sie ihren eigenen siero innesto, also natürliche Molkefermente die jeweils mittels Milchverarbeitung vom Vortag aufgefrischt werden. Das ergibt ein unverwechselbares Aroma, das nicht zu vergleichen ist mit dem uniformen Geschmack industriell gefertigter Mozzarella.

Luigi Costanzo in der Reifekammer der Käserei.

Mozzarella di Buffalo

Pasquale, Käser im Caseificio Costanzo, zieht Käsemasse für den Büffelmozzarella.

Büffelmozzarella vom Caseificio Costanzo in Neapel. Alles in Bioqualität von eigenen Wasserbüffeln.

Weiter geht es zu Angelo „Giolí“ di Giacomo, einem Bio-Erzeuger im Parco nazionale del vesuvio unweit des Stadtkerns Neapels. Hier,am Fusse des Vesuvs gedeiht eine einzigartige Tomate auf vulkanischer Erde. Die seltene, geschützte und geschmacksintensive Sorte Pomodorino del Piennolo del Vesuvio DOP. Das typische Merkmal ist die Art der Konservierung. Die Tomaten werden zu grossen Trauben aufgeknüpft und luftgetrocknet. Dadurch konzentriert sich der Geschmack. Es ist Liebe auf den ersten Blick, wenn man die leuchtend roten und gelben Gebinde Piennolo-Tomaten an den Strassenständen oder auf den Balkonen Neapels hängen sieht. Ich bin schon lange ein glühender Anhänger der kleinen, raren Tomate in Kirschform mit dem typischen spitzen unteren Ende. Endlich sehe ich sie zum ersten Mal vor Ort. Eindrücklich ist nicht nur die Lage am Fusse des schlummernden Vesuvs, wo sie angebaut wird, sondern auch den Frauen zuzuschauen, die geschickt den «Piennolo» formen. So heisst die aufgeknüpfte, typische Traubenform. Durch die dicke Schale ist das fruchtige Fleisch gut geschützt. Die Piennolo-Tomaten können in dieser Form lange über den Winter aufbewahrt werden. Mit der Zeit wird das Aroma immer intensiver. Was mir neu war, ist dass die Neapolitaner (die ja nicht gerade für ihr gemässigtes Temperament bekannt sind) so viel Geduld aufbringen und die ersten Tomaten erst an Heiligabend zubereiten. Auf dieses Festessen freuen sich alle besonders. Spaghetti alle vongole mit einem Sugo aus Piennolo-Tomaten. Angelo bewirtschaftet die Felder bereits in siebter Generation. «Du musst bei den Tomaten schlafen, wenn du gute Piennolo-Tomaten machen willst», meint Angelo und spielt auf die intensive Pflege der zarten Pflänzchen an. Wenn die Tomaten nicht als Piennolo aufgeknüpft werden, konserviert er sie in Einmachgläsern, als Passata oder auch ganz. Ober er auch Dosen verwendet? «Nie im Leben. Blech, weisst du, das wäre wie Wein im Tetrapack!»

Angelo „Giolí“ di Giacomo, baut in Neapel Pomodorino del Piennolo del Vesuvio D.O.P. in Bioqualität an.

Pomodorino del Piennolo del Vesuvio D.O.P. werden von Antigone und Maria in Handarbeit zu großen Trauben geknüpt.

Pomodorino del Piennolo del Vesuvio D.O.P.

Pomodorino del Piennolo del Vesuvio D.O.P. werden in Handarbeit zu großen Trauben geknüpt.

Pomodorino del Piennolo del Vesuvio D.O.P. Bei Angelo „Giolí“ di Giacomo, dem Bioerzeuger in Neapel.

Abends schliesst sich der Kreis dann. In der Pizzeria «Fresco» am Lungomare in Napoli zu Antonio Troncone (@antoniotroncon auf instagram), einem Meisterschüler des legendären Enzo Coccia von der berühmten Pizzeria «La Notizia». Und wir finden auf einer luftigen Pizza napoletana mit langer Teigführung die hervorragende Mozzarella di Bufala campana und die Pomodorini del Piennolo wieder. Unschlagbar simple Zutaten, aber in ihrer Güte und sorgfältigen Zubereitung eine perfekte Vollendung.

Antonio Troncone von der Pizzeria „Fresco“ am Lungomare von Neapel.

Antonio Troncone von der Pizzeria „Fresco“ am Lungomare von Neapel bereitet eine „Pizza Napoletana“ zu.

Pizza Napoletana.

 

 

 

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